The Rape of Lucretia
Oper in zwei Akten von Benjamin Britten
Libretto von Ronald Duncan nach einem Schauspiel von André Obey
Premiere am 30. August 2022
Weitere Vorstellung am 01. September 2022
Beginn 20:15 Uhr – Einführung 19:30 Uhr
Festivalhalle JKMT
Es ist die Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, in der Benjamin Brittens „The Rape of Lucretia“ in Glyndebourne uraufgeführt wird. Für seine erste Kammeroper wählte der britische Komponist ein beliebtes Sujet der europäischen Kunstgeschichte:
Das antike Rom steht unter der Schreckensherrschaft der Etrusker, es herrscht politisches Chaos. Innerhalb dieses sozialen Systems wird die Keuschheit der Ehefrauen zum politisch-hierarchischen Statussymbol. Lucretia, die schöne Frau des Collatinus, gilt als personifizierte Keuschheit, doch ihr Wert ist ihr Verderben. Tarquinius, der etruskische Prinz, gelangt des Nachts in ihr Haus und vergewaltigt sie. Lucretia findet den einzigen Ausweg im Selbstmord, der von den Römern wiederum als Aufruf zum Widerstand gegen die Etrusker genutzt wird.
Britten komponierte aus dieser viel rezipierten stofflichen Vorlage eine durch zwei Erzähler:innen historisch kommentierte Tragödie. Bei dieser externen Perspektive setzt das Team um Regisseurin Cora Hannen an und begibt sich innerhalb einer musealen Psychogeographie in Lucretias Seelenlandschaft. Dabei steht Vergewaltigung als sozialer und seelischer Tod, die Gegenüberstellung einer sexualisierten männlichen Welt und einer keuschen, fügsamen weiblichen Welt, das Aufeinandertreffen von Voyeurismus und Exhibitionismus sowie die Relation von Reinheit und Beschmutzung im Fokus. Auf welche Weise werden Vergewaltigungsopfer gesellschaftlich stigmatisiert? Wie sehr beeinflussen uns unsere Stimmen im Kopf? Und welche Rolle kann Kunst im Prozess der Traumaverarbeitung spielen?